Es gibt Kompetenzen, die gibt es gar nicht

Versuchen Sie einmal, interkulturelle Kompetenzen aufzuzählen: Anpassungsfähigkeit. Einfühlungsvermögen. Kommunikationsfähigkeit. Offenheit. Toleranz …. Halt! Sind das nicht Kompetenzen, die man in vielen Situationen braucht? Ohne die beispielsweise eine Ehe niemals funktioniert? Sind diese Kompetenzen nicht ganz unspezifisch?

Denkt man darüber länger nach, kommt man zu einem verblüffenden Resultat. In einer interkulturellen Situation brauchen wir diese allgemeinen Kompetenzen, aber auf eine spezifische Weise und so, dass sie uns helfen diese Situation erfolgreich zu bewältigen: Den Auslandsaufenthalt, die Zusammenarbeit mit ausländischen Kollegen, die Überwindung übler nationalistischer Vorurteile. Die Gesamtheit der Kompetenzen, die uns in einer interkulturellen Situation helfen, bildet die interkulturelle Kompetenz. So kann man sie – als Querschnittskompetenz – festlegen, die enthaltenen Einzelkompetenzen spezifisch definieren, sie einzeln messen und wo nötig entwickeln.

Medienkompetenz, Führungskompetenz, Innovationskompetenz sind weitere solche Querschnittskompetenzen.

Betrachten wir die Medienkompetenz. Wir haben in unserem „Projektverbund Kompetenzlabor“ ein Modell für diese Querschnittskompetenz entwickelt. Dazu haben wir die 16 wichtigsten Schlüsselkompetenzen herausgearbeitet,  definiert und messbar gemacht. Kompetenzen fassen wir dabei als Fähigkeiten, selbstorganisiert und kreativ zu handeln. Medienkompetenz umfasst nach unseren Überlegungen die Schlüsselkompetenzen Kommunikationsfähigkeit, Beurteilungsvermögen, Offenheit für Veränderungen, Experimentierfreude, Analytische Fähigkeiten, Eigenverantwortung, Lernbereitschaft, Ergebnisorientiertes Handeln, Folgebewusstsein, Schöpferische Fähigkeit, Normativ-ethische Einstellung, Problemlösungsfähigkeit, Kooperationsfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit, Initiative und Teamfähigkeit.

Betrachten wir, zum Beispiel, die Schlüsselkompetenz Kommunikationsfähigkeit. Sie lässt sich über die Ausprägung bestimmter Handlungsanker als Teil der Medienkompetenz insgesamt charakterisieren:Kommunikationsfähigkeit

  • Drückt sich mediengerecht aus und kommuniziert verständlich
  • Interagiert über neue Medien mit anderen offen, wohlwollend, aber ohne Distanzlosigkeit und knüpft sowohl schnell als auch überlegt Kontakte
  • Überzeugt andere durch die starke Identifikation mit den eigenen Argumenten
  • Geht auf Kommunikationspartner ein, begegnet Einwänden sachlich und frustrationstolerant und zeigt Wertschätzung

Indem wir beispielsweise für einen Azubi zu allen 16 Schlüsselkompetenzen je 4 solcher Handlungsanker einschätzen (Rating), können wir seine Medienkompetenz recht genau beurteilen. Und wir können dort, wo wir uns höhere Schlüsselkompetenzen wünschen, gezielt Kompetenzentwicklungsmaßnahmen in Gang setzen. Diese direkte Verbindung zwischen genauer Kompetenzfeststellung und effektiver Kompetenzentwicklung ist unseres Wissens bisher einmalig.

Foto oben: ellisa/Quelle PHOTOCASE| Foto unten: time./Quelle PHOTOCASE/